Reinhard Kaiser-Mühlecker

Der lange Gang über die Stationen

Roman
Cover: Der lange Gang über die Stationen
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2007
ISBN 9783455401042
Gebunden, 158 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Scheinbar nüchtern berichtet ein Mann von sich. Er ist noch nicht lange verheiratet mit einer Frau aus der Stadt, lebt mit ihr und seinen beiden Eltern auf dem Hof der Familie, den er übernommen hat und bewirtschaftet. Diese Geschichte erzählt von zwei Menschen, die sich sehr nahe sind, zwischen denen aber immer mehr Fragen auftauchen, die unbeantwortet bleiben. Immer weniger versteht der Mann, was passiert, immer mehr hat er das Gefühl, dass die Entwicklungen ihm entgleiten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.07.2008

Für seinen Debütroman hat Reinhard Kaiser-Mühlecker bereits vor dessen Erscheinen den Jürgen-Ponto-Preis bekommen und auch Jean-Michel Bergs Wohlwollen ist ihm sicher. Der Autor erzählt darin vom oberösterreichischen Bauern Theodor Mitte der 1950er Jahre, dem Ehe und Hof zu entgleiten drohen. Er tut dies in einer Sprache, die auch in der erzählten Zeit bereits altertümlich geklungen hätte, meint der Rezensent. Überhaupt, an der Sperrigkeit der Sprache scheiden sich laut Berg die Geister: Während die einen Kritiker in diesem Roman eine erfrischende Rückkehr zum "Heimatroman" und damit eine "neue Avantgarde" erkannten, sahen die anderen das "Gespenst der Restauration" aufscheinen, erklärt der Rezensent. Darüber gehe allerdings unter, dass dieser Roman tatsächlich ein Buch über das "Zeitempfinden" selbst sei, die Darstellung eines der Natur und seinen Rhythmen verbundenen Bauern, stellt Berg klar. Und wie es dem Autor gelingt, einen Charakter zu zeichnen, der viel beobachtet und wenig spricht und sein zeitenthobenes Bewusstsein nicht nur darzustellen, sondern tatsächlich in der Sprache erfahrbar zu machen, das ist die eigentliche Leistung dieses faszinierenden Romans, so Berg, der etwas ungläubig hervorhebt, dass Kaiser-Mühlecker erst 25 Jahre alt ist.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.2008

Als "Debüt des Jahres 2008" würdigt Richard Kämmerlings diesen Bauernroman des österreichischen Autors Reinhard Kaiser-Mühlecker. Anders als in der Anti-Heimat-Literatur, in der das Subjekt gegen seine Herkunft aufbegehrt, sieht er hier einen Protagonisten im Mittelpunkt, einen jungen Bauern in der Mitte des 20. Jahrhunderts, der nicht an der Tradition rütteln will und seine ererbten Lebensbedingungen nicht in Frage stellt, sondern, zumindest anfangs, im Einklang mit dieser Welt lebt. Eindrucksvoll schildert Kaiser-Mühlecker in Kämmerlings Augen, wie diese Welt zunehmend Risse bekommt, wie sie dem Jungbauern mehr und mehr entgleitet, nachdem er sich finanziell übernommen hat und es zu Verstimmungen mit seiner Frau gekommen ist. Neben der Klarheit und Anschaulichkeit der Sprache lobt er die Erzählhaltung des Autors, "die ihren Gegenstand nie der Lächerlichkeit preisgibt". Für Kämmerlings ein Buch, das "genauso aus der Zeit gefallen scheint wie seine Hauptfigur, und das genauso unvergesslich bleibt".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.02.2008

Tief beeindruckt ist Rezensent Christoph Schröder von Reinhard Kaiser-Mühleckers Debütroman "Der lange Gang über die Stationen". Er würdigt ihn als ein Buch, das völlig aus der Zeit fällt. Dass der Autor gerade einmal 25 Jahre alt ist, mag er kaum glauben. Der in den 1950er Jahren im oberösterreichischen Seengebiet angesiedelte Roman um einen jungen Bauern, der sich wirtschaftlich übernimmt und hilflos mitansehen muss, wie ihm seine schöne Frau mehr und mehr entgleitet, zeichnet sich für Schröder durch seine Sprache und seinen Blick auf die Welt aus. Der Tonfall des Ich-Erzählers wirkt auf ihn fast ein wenig altmodisch, aber dabei niemals "aufgesetzt" oder "folkloristisch", sondern "höchst authentisch". Besonders lobt Schröder die genaue, feinsinnige, diskrete Beschreibung der "atmosphärischen Veränderungen" in der Beziehung des Jungbauern und seiner Frau.